Ein bautechnisches Phänomen


1. Allgemeines

Auf dem Pyramidengelände in Giza trat ein bautechnisches Phänomen zutage, das mit unserem bisherigen Wissen nicht mehr vereinbar wäre, falls es sich bewahrheiten sollte. Wir könnten es mit der heute zur Verfügung stehenden, modernen Technik nicht erklären. Dies sei vorweg gesagt. Wegen des besseren Verständnisses werden wir schrittweise herangehen. Hinweis: Die Fotos hier lassen sich durch Anklicken vergrößern.
Pyramiden von Gizeh - Pflastersteine Nordseite Cheopspyramide

Abbildung 4.1: Die Nordseite der Cheops-Pyramide (links im Hintergrund) auf den so genannten Pflastersteinen (Vordergrund). Rechts davon ist der stabile Felsuntergrund zu sehen.
Abbildung 4.1 zeigt die Nordkante der Cheops-Pyramide. Im Vordergrund sieht man die so genannten Pflastersteine, auf denen die Pyramide steht. Im Hintergrund sind noch einige der schrägen Verkleidungsblöcke zu erkennen, die ursprünglich die Original-Oberfläche der Pyramide bildeten. Nahezu die gesamten Außenverkleidungen der Pyramiden von Giza ist im Mittelalter entfernt und in Kairo (vermutlich) zum Bau von Häusern, Brücken und Moscheen verwendet worden. Sowohl die Verkleidungsblöcke als auch die Pflastersteine sind aus hochwertigem weißem Kalkstein. Vor Ort fällt als erstes auf, dass z. B. die Pflastersteine nicht rechtwinklig sondern schiefwinklig geschnitten sind. In Abb. 4.2 ist der Fugenverlauf zwischen vier Pflastersteinen zu sehen, welche übrigens ein Gewicht von einer oder mehreren Tonnen haben. Es gibt kaum rechte Winkel und zudem haben die Blöcke oft mehr als vier Seitenflächen. Sie sind quasi ineinander verzahnt, was einen erheblichen Mehraufwand beim Bau bedeutet haben muss. Dieser technische Aufwand wäre aus baustatischen Gründen kaum nötig gewesen, da die Pflastersteine ursprünglich eine große Fläche bildeten und damit seitlich nicht wegrutschen konnten. Abbildung 4.3 zeigt die Nahaufnahme einer solchen Fuge. An der Millimeterskala des Maßbandes ist zu erkennen, dass die Fugenbreite deutlich unter einem Millimeter liegt.
Pyramiden von Gizeh - Pflastersteine Oststeite Cheopspyramide

Abbildung 4.2: Oberfläche einiger Pflastersteine in ursprünglicher Position. Die Blöcke sind präzise geschnitten, die Fugen bilden jedoch kaum rechte Winkel miteinander.

Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Pflastersteine Cheopspyramide

Abbildung 4.3: Wie schon vorher bekannt war, sind die Fugen so fein, dass man keine Stecknadel zwischen die Blöcke bekommt. Das Maßband dient zur Abschätzung der Fugenbreite.
2. Fugenübergreifende Strukturen in Kalkstein

In Abbildung 4.4 ist eine senkrechte Seitenfläche der Pflastersteine zu erkennen, da im Vordergrund einige Blöcke entfernt wurden. Abb. 4.5 zeigt einen Ausschnitt aus Abb. 4.4, der aus kürzerer Distanz photographiert wurde. Hier ist ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten. Deutlich sind einige Schichtungen im Gestein erkennbar. Diese entstanden dadurch, dass über viele Jahre schwächere Schichten durch Wind und Wetter (Sandsturm) heraus gewaschen wurden. An sich ist das nichts Besonderes; das Merkwürdige ist nur, dass sich diese Schichten über die senkrecht verlaufende Fuge fortzusetzen scheinen. Solche Strukturen werden im Folgenden als „fugenübergreifend“ bezeichnet. Dabei gibt es keinen Versatz, d. h. keine senkrechte Verschiebung an der Fuge. Durch die Fuge ist klar, dass es sich um zwei verschiedene Blöcke handelt. Es sieht so aus, als gehörten diese Blöcke im gewachsenen Fels ursprünglich zusammen.
Pyramiden von Gizeh - Pflastersteine Ostseite Cheopspyramide

Abbildung 4.4: Frontseite von Pflastersteinen an der Ostseite der Cheops-Pyramide mit natürlichen Schichtungen. Der Ausschnitt im gestrichelten Rahmen wird im nächsten Bild detaillierter gezeigt.

Pyramiden von Gizeh - Plastersteine Cheop-Pyramide

Abbildung 4.5: Wie in Abb. 4.4 aus geringerem Abstand. Die Schichten sind „fugenübergreifend“ ohne Versatz.
Dieses Phänomen ist auch an den Oberflächen der Pflastersteine und der Verkleidungsblöcke zu beobachten. In Abb. 4.6 ist links die stark verwitterte Oberfläche von Verkleidungsblöcken der untersten Lage auf der Westseite gezeigt. Der Verlauf der senkrechten Fuge ist durch weiße Pfeile markiert, wie auch in den rechten Teilbildern und nachfolgenden Fotos.
Pyramiden von Gizeh - Verkleidungsblöcke

Abbildung 4.6:
Links und Mitte: Mehr oder weniger stark verwitterte Verkleidungsblöcke an der Westseite der Cheops-Pyramide, rechts: Oberfläche von Pflastersteinen an der Ostseite.
Die gleichen Oberflächen an einer anderen Stelle der Westseite (mittleres Teilbild) sind weniger verwittert. Wenn man genau hinschaut, erkennt man im oberen Teil eine graue Fläche, die sich von einem Stein auf den nächsten fortsetzt (gestrichelter Kreis). Im rechten Teilbild der Abbildung 4.6 sind auf der Oberfläche von Pflastersteinen unregelmäßige graue Flecken zu erkennen, die sich ebenfalls über die Fuge erstrecken (gestrichelte Ellipse). Obwohl diese Fläche von Menschen (Touristen) begangen wird, handelt es sich nicht um oberflächlich aufgetragene Färbungen. Zur Erhöhung des Kontrastes hatte ich den Fugenbereich vor der Aufnahme mit Wasser angefeuchtet. Rechts im Bild ist der Übergang zur trockenen Oberfläche erkennbar. Auch in diesem Bild scheinen sich die Flecken über die Fuge hinweg fortzusetzen.

 
3. Fugenübergreifende Strukturen in Granit

Während es sich bei Kalkstein (theoretisch) um einen Oberflächeneffekt handeln könnte, ist dies bei Granit nicht mehr möglich. Die folgenden Oberflächenaufnahmen von Granitblöcken stammen aus dem Taltempel des Chefren, der sich östlich der Chefren-Pyramide befindet und in Abb. 4.7 schematisch dargestellt ist.
Pyramiden von Gizeh Taltempel des Chefren - S. W. M. F. Petrie

Abbildung 4.7: Grundriss vom Taltempel des Chefren. Der rote Pfeil deutet die Stelle an, wo die Granitblöcke der Abbildungen 4.8 bis 4.11 aufgenommen wurden. Die Zeichnung stammt von Sir William Flinders Petrie aus „The Pyramids and Temples of Gizeh“aus dem Jahre 1883 (Tafel VI in [1]).
Auf der Zeichnung befindet sich rechts unten der Eingang zum Tempel, so dass man nach Durchschreiten des Durchgangs den Raum betritt, in dem sich wiederum rechts die Blöcke der Abbildung 4.8 befinden (roter Pfeil). Tatsächlich scheint sich auch hier dieses Phänomen zu zeigen. Weiße Pfeile kennzeichnen den Verlauf der Fugen zwischen den Blöcken. Die rot gezeichneten Rahmen A, B und C stellen Ausschnitte dar, die in den folgenden drei Fotos in Nahaufnahme zu sehen sind.  
Pyramiden von Gizeh - Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.8:
Wandbereich mit Fugen zwischen den Granitblöcken im Taltempel des Chefren. Für die Ausschnitte A, B und C siehe die drei folgenden Abbildungen.
Der dunklere Block links unten in Abb. 4.8 besteht eindeutig aus einer anderen Steinsorte. Er ist durch breite Fugen, die anscheinend in der Neuzeit mit Mörtel gefüllte wurden, mit den anderen Blöcken verbunden. Die übrigen Fugen besitzen jedoch wieder diesen haarfeinen Verlauf, der selbst aus kurzer Distanz teilweise kaum zu sehen ist. Es wird jetzt der Bereich genauer untersucht, in dem sich die drei entsprechenden Granitblöcke treffen (rote Rahmen).
Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.9:
Ausschnitt A aus Abb. 4.8. Links unten wurde ein zwei Zentimeter langes Stück Millimeterpapier befestigt, das als Maßstab dient.
 


Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.10:
Ausschnitt B aus Abbildung 4.8 mit waagerechter Fuge und Strukturen, die sich über die Fuge fortzusetzen scheinen.
 


Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.11:
Ausschnitt C aus Abbildung 4.8 mit senkrechter Fuge und ebenfalls fugenübergreifenden Strukturen.
In Ausschnitt A (Abb. 4.9) stoßen rechts auf halber Höhe drei Granitblöcke zusammen, wobei der Fugenverlauf wieder durch weiße Pfeile gekennzeichnet wurde. Das Stück Millimeterpapier wurde als Maßstab befestigt. Wir wenden uns jedoch nach links, wo in dieser und der nächsten Abbildung 4.10 (Ausschnitt B) deutlich Strukturen erkennbar sind, die sich über die Fuge fortzusetzen scheinen. In Ausschnitt B gibt es im mittleren Bereich eine schräg ausgerichtete rötliche Struktur, und zwar sowohl oberhalb als auch unterhalb der Fuge. Eine geneigt verlaufende Linie im Granit (grüne Pfeile) setzt sich in der Verlängerung ohne seitlichen Versatz fort.
Im Ausschnitt C (Abb. 4.11) verläuft die Fuge senkrecht. Auch hier sind Granitstrukturen erkennbar, die sich über die Fuge fortsetzen. Gehen wir von unten nach oben, so gibt es unten zunächst einen dunklen Bereich, weiter in der Mitte einen etwas helleren grauen Bereich und weiter oben einen rötlichen Bereich. Alle drei Färbungen gibt es sowohl links als auch rechts der Fuge.
Schema: Fugenübergreifende Struckturen

Abbildung 4.12: Stilisierte Darstellung von Gesteinsstrukturen, z. B. bei Granit, im Bereich einer Fuge zwischen zwei Blöcken. Im Teilbild a) sind die Strukturen fugenübergreifend, in b) dagegen nicht.
Zum besseren Verständnis ist dieses Phänomen in Abb. 4.12 noch einmal schematisch dargestellt. Links sind die Strukturen fugenübergreifend, rechts dagegen nicht. Heute werden Steinblöcke mit großen Sägen z. B. mit speziellen Sägebändern durchgeschnitten, die einen Sägespalt von einigen Millimetern Breite hinterlassen. Würden wir die zwei Hälften eines solchen Blocks wieder zusammenschieben, so würde z. B. eine schräg verlaufende Linie, wie in Abbildung 4.10, an der Fuge einen seitlichen Versatz von einem oder mehreren Millimetern besitzen, weil durch den Sägespalt etwas Material fehlt. Dies ist jedoch in dieser und den anderen Abbildungen nicht erkennbar.
Es sieht so aus, als seien die Blöcke quasi ohne Materialverlust durchgeschnitten und in ihrer ursprünglichen Position wieder zusammengesetzt worden. Davon abgesehen, dass die alten Ägypter dies nach bisherigem Wissen auf keinen Fall gekonnt haben, sind selbst wir heute mit modernster Technik nicht in der Lage, dies zu bewerkstelligen. Die Laser-Technik kommt nicht in Frage, denn ein Laserstrahl schneidet durch Hitze. An den Granitblöcken sind jedoch keinerlei Schmelzspuren erkennbar. „Elektronenstrahl-Schneiden“ wäre eine weitere theoretische Möglichkeit, doch auch diese kommt nicht in Betracht, da mit dieser Technik nicht metertief geschnitten werden kann. Würde man Blöcke spalten und die Bruchhälften wieder zusammenfügen, so würden sich die Strukturen über die Fuge hinweg fortsetzen. Doch auch diese Möglichkeit fällt aus, da die Spaltflächen vermutlich nie völlig eben wären. Die Seitenflächen der Steinblöcke in Giza sind jedoch sehr eben.
Die Fotos der Abbildungen 4.9 bis 4.11 und 4.13 bis 4.15 wurden übrigens mit einer Canon A1 mit Makro-Objektiv und einem eigens dafür hergestellten Wandstativ aufgenommen. Die Abbildungen 4.13 bis 4.15 zeigen Fugen zwischen Granitblöcken in stärkerer Vergrößerung an verschiedenen Stellen im Taltempel des Chefren. Vor einiger Zeit zeigte ich einem Arbeitskollegen an der Universität die Bilder und fragte ihn (bei Abb. 4.15), wie groß er die Breite der Fuge einschätzt. Die spontane Antwort war: 100 µm. 100 Mikrometer entsprechen einem zehntel Millimeter. Lieber Leser und liebe Leserin, Sie können sich anhand des Maßstabes selbst ein Bild machen.
Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.13:
Nahaufnahme einer Fuge zwischen Granitblöcken im Taltempel des Chefren mit stärkerer Vergrößerung und Millimeterpapier als Maßstab. (Das Millimeterpapier ist etwas unscharf, da die Schärfentiefe gering war und auf den Granit fokussiert wurde.)
 


Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.14:
Weitere Fuge zwischen Granitblöcken wie in Abb. 4.13.
 


Pyramiden von Gizeh - Nahaufnahme Granitblöcke Taltempel des Chefren

Abbildung 4.15:
Eine kaum sichtbare Fuge zwischen Granitblöcken wie in Abb. 4.13.
4. Der mögliche Nachweis

Diese Genauigkeit ist fast unglaublich. Warum wurde bei Granitblöcken mit mehreren Tonnen Gewicht und einer Genauigkeit von einem zehntel bzw. ein paar zehntel Millimetern gearbeitet? Die Tatsache als solche wäre theoretisch erklärbar, indem die Granitblöcke sehr lange und präzise bearbeitet wurden. (Mit welchen Werkzeugen?) Das Phänomen der fugenübergreifenden Strukturen – sollte es sich bewahrheiten – wäre allerdings nicht mehr zu erklären, weil wir selbst heute mit modernster Technik nicht gleichzeitig großflächig und derart verlustfrei schneiden können. Die Erklärung, die Baumeister hätten mit Hammer und Meißel oder mit Steinkugeln als Schlagwerkzeug gearbeitet, wäre damit völlig hinfällig. Ich sage es ungern, aber sollte das Phänomen bestätigt werden, würde es bedeuten, dass damals eine Hochtechnologie im Spiel war, die selbst heute unbekannt ist.

Eine wissenschaftliche Überprüfung ist relativ leicht möglich. Man braucht nur die Oberfläche im Bereich einer Fuge abzuschleifen und zu polieren. Dann wären die Strukturen wie bei poliertem Marmor eindeutig zu erkennen. Eine andere Möglichkeit wäre eine Kernbohrung mit Hohlbohrer. Man könnte einen zylinderförmigen Kern, der eine solche Fuge enthält, bohren und herausbrechen, um ihn dann in einem Labor zu analysieren. (Um in der Wand kein unschönes Loch zu hinterlassen, würde man von der Außenseite des heraus gebohrten Kerns eine Scheibe abtrennen, um mit dieser das Loch in der Wand wieder zu verschließen.) Nun wäre es möglich, z. B. in einem Granitkorn aus dem Bohrkern die Kristallorientierung auf beiden Seiten der Fuge zu vergleichen. Sollte nicht nur das Material sondern auch die Kristallorientierung identisch sein, so wäre das der Beweis.

Es gibt zum Verlauf der Fugen noch weitere Aspekte, doch diese würden hier den Rahmen sprengen. Nähere Informationen sind im vorgestellten Buch zu finden.



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